Tanger Transit von Claus G.H. Mayer|Belletristik

Tanger Transit: Ein Fluchtversuch

von Claus G.H. Mayer

Book Journal mit Sketchnotes zur Rezension vom Roman: Tanger Transit: Ein Flutversuch von Claus G.H. Mayer erschienen bei Tredition

Meine Meinung

Das Cover kommt sehr unscheinbar daher. Auf einem hellen Untergrund steht oben der Titel des Buches und darunter ein Bild von einem Boot, das auf den ersten Blick sehr alt wirkt. Für mich ein Cover, hinter dem ich nicht unbedingt so einen spannenden Roman vermutet hätte. 

Tanger Transit – Ein Fluchtversuch von Claus G. H. Mayer erschien im Selfpublishing über tredition. Wie man dem Titel entnehmen kann geht es um die Flucht von Marokko nach Spanien. Und sehr präzise, um den Weg dahinter, der zu einer Flucht und den möglichen Bootsunglücken führt.

Die Geschichte wird durchgängig in der dritten Person erzählt mit verschiedensten Erzählern, die nach und nach für den Verlauf der Handlung wichtig werden. Im Fokus steht Cotter, ein Deutscher, der mit seinem Wagen oft in Marokko unterwegs ist und von Spanien immer wieder auch Selbstfahrer Touristen mit nach Afrika nimmt und denen das Land zeigt. Wie du im Klappentext nachlesen kannst, startet die Handlung in Spanien an der Küste und führt dann über die Fähre nach Tanger und weiter ins Landesinnere von Marokko.

Eine weitere Figur ist Hassan, der Cotter auf seinem Weg durch Marokko begleitet. Die beiden verstehen sich im Laufe der abenteuerlichen Fahrt durchs Land immer besser. Und gewöhnen sich an ihre Macken. Die weiteren Erzähler möchte ich hier nicht nennen, da sie zu viel von der Geschichte vorweg nehmen würden. 

Tauchen im Text spezifische Begriffe auf, die nicht zum allgemeinen Wortschatz gehören, werden diese sehr ausführlich über Fußnoten erklärt bzw. die Hintergründe dazu erläutert. Das hat mir sehr gut gefallen und störte mich in keinster Weise im Lesefluss. Denn die Fußnoten waren in der Regel so gesetzt, dass man sie sehr gut zum Seitenende einfach lesen konnte. 

Mit fundiertem Hintergrundwissen wurde hier eine tragische Reise erzählt, die einem nicht nur das Land als solches näher bringt, sondern auch die Missstände im Allgemeinen und Speziellen aufdeckt und behandelt. Auch wenn es sich hier um eine fiktive Geschichte handelt, wirkt sie beim Lesen so real, dass ich das Gefühl hatte direkt mit Cotter und Hassan durch die Wüste zu reisen. Für mich ist es ein Abenteuerroman, ein Erlebnisbericht oder einfach ein spannender Roman, der zum Nachdenken anregt. 

Ich habe beim Lesen mich in Gedanken mit auf reisen begeben. Auch wenn ich fasziniert und manchmal auch mit einem Schmunzeln die Zeilen gelesen habe, habe ich doch auch die ganze Zeit die reale Welt im Hinterkopf gehabt. Denn das Thema ist immer noch allgegenwärtig und lässt uns vermutlich auch nicht so schnell los. 

Bei Cotters Beschreibungen zum Land Afrika im allgemeinen und zu Marokko im speziellen habe ich einfach nur Fernweh bekommen. Wobei ich auch ganz klar sagen muss, in dem Land möchte ich kein Autofahren. Da wäre mein Gefährt in Nullkommanichts dahin. In diesem Sinne möchte ich dir ein Zitat mit auf den Weg geben. 

„Es gab vier Regeln: Niemand sieht dich. Du musst für alle mitdenken. Du bist der Einzige der bremst. Eine überfahrene Stoppstelle kostet 400 Dirham.“

In dem Satz findest du eigentlich alles wichtige zur Fahrt und warum ich dort niemals selbst hinterm Steuer sitzen würde. Aber dennoch haben mich Land und Leute sofort angesprochen und ich könnte mir vorstellen erneut einmal Marokko zu besuchen. Einen Tag in Tanger habe ich tatsächlich schon verlebt und in guter Erinnerung.

Doch spielen die Beschreibungen des Landes eher eine Nebenrolle, denn der Hauptaugenmerk liegt auf dem Nachvollziehen der Fluchtrute eines einzelnen, der von Cotter tot in Tarifa am Strand gefunden wurde. So wird den zahllosen Bootsflüchtlingen ein Gesicht und eine Geschichte gegeben.

Mit einem sehr realistischen Szenario schafft es Claus G.H. Mayer mich über 555 Seiten an das Buch zu fesseln. Er sorgt dafür, dass ich gespannt mit dem Protagonisten Cotter durchs Land reise und mich über jede Bekanntschaft auf seiner Etappe freue. Jede Etappe bringt neue Erkenntnisse, so dass man am Ende ein Bild davon hat, wer oder was hinter dem Opfer am Strand von Tarifa steckt.

Hast du Lust auf eine Geschichte, die zum Einen ganz real die Flucht aus Afrika darstellt und zum Anderen einem die Faszination Marokko näherbringt? Dann bist du hier genau richtig. Begebe dich mit Cotter auf die Fähre und fahre ganz nach seinem Tempo zusammen mit Hassan durch das Hinterland. Bei der ganzen tragischen Geschichte darfst du dennoch auch die schönen Ecken von Marokko kennenlernen und so hat man das Gefühl, auf einer ganz besonderen Reise gewesen zu sein. Ich empfehle jedem dieses Buch, der die Augen vor der Welt nicht verschließt und einen kleinen Blick hinter die Kulissen der Flüchtlinge werfen möchte. Mich hat das Buch sofort gepackt und es bleibt mir vermutlich noch lange in Erinnerung.

Wenn dich das Thema interessiert, kann ich dir auch noch Boat People von Roland Künzel sehr ans Herz legen. Und wenn du ein wenig über Marokko lesen möchtest, habe ich ich noch Starnberg.Marrakesch.Starnberg von Thomas Pyczack oder Eine Prise Marrakesch von Thea C. Grefe für dich.

Inhaltsangabe

Als Cotter am Strand von Tarifa einen ertrunkenen Marokkaner findet, lässt ihn das nicht mehr los. Er folgt den Spuren des jungen Mannes und gerät immer tiefer in das Schicksal der Flüchtlinge aus Afrika und ihres oft grausamen Endes im Mittelmeer.

In diesem Roman setzt sich der Afrikafreund Claus G. H. Mayer fundiert mit den Hintergründen der Bootsunglücke und des Flüchtlingsstroms aus Afrika auseinander. Einfühlsam und mit viel Herz zeigt er die Menschen hinter den nackten Zahlen aus Presse und TV. Und er spart nicht mit Kritik: Denn nur, wer versteht, was hinter dem Leid Afrikas steckt, kann helfen, es zu beenden.

Bibliografie

Autor: Claus G.H. Mayer
Genre: Belletristik
Verlag: tredition
ISBN/ ASIN: 978-3347981744
Erscheinungsdatum: 05. Juli 2023
Format: Taschenbuch, gebundenes Buch und Ebook erhältlich bei Amazon*
Seitenzahl: 460
Leseexemplar: Ja
Vielen Dank für das Rezensionsexemplar, es wurde mir von Claus G.H. Mayer zur Verfügung gestellt. Meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.


Quellen:
Klappentext und Cover Original: ©Claus G.H. Mayer

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Kolumne: #rettemich

#rettemich

Banner zu #rettemich und dem Buch: Der Bodyguard von Sonja Rüther

Gestern habe ich das Buch „Der Bodyguard“ von Sonja Rüther rezensiert. Und mich gefragt, was Retten und Gerettet werden ausmacht. Was bedeutet Retten eigentlich?

das Abwenden eines lebensbedrohlichen Zustandes durch lebensrettende Maßnahmen und/oder durch Befreien aus einer lebensbedrohlichen Zwangslage

Quelle: wiktionary

Somit komme ich vom Retten direkt zum Aufgabengebiet des Bodyguards. Ein Bodyguard ist …

jemand, der die (gewerbsmäßige) Aufgabe hat, eine oder mehrere andere Personen zu beschützen

Quelle: wiktionary

Der Bodyguard und das Retten gehören somit unweigerlich zusammen. Wobei beschützen natürlich nicht zwangsläufig zu einer Situation führt, aus der eine Person gerettet werden muss.

Ich bin eine emanzipierte Frau, die sehr früh auf eigenen Beinen stand. Von meinem 17. Lebensjahr an, hatte ich meine eigenen vier Wände und musste dem entsprechend für mich selbst Sorge tragen. Ich habe mich damit auch immer sehr wohl gefühlt. So hatte ich meine Schwierigkeiten damit, nach gut 13 Jahren auf einen Mann zu treffen, der mich beschützen wollte. Auf einmal war da jemand, der bei einer ganz banalen Straßenüberquerung für mich mit schaute oder mich auch zurück hielt, wenn er es für zu gefährlich hielt. Da trafen zwei Welten auf einander. Ich, die ihre Unabhängigkeit liebte und alles alleine schaffen wollte und Er, der gelernt hatte, auf sein Leben und das der Anderen zu achten.

Inzwischen habe ich mich an das Gefühl gewöhnt, dass da jemand ist, der auf mich aufpasst. Doch ich kann mich noch sehr gut an einen unserer ersten gemeinsamen Urlaube erinnern. Wir waren auf unserer zweiten Kreuzfahrt und legten gerade im Hafen von Tanger (Marokko) an. Entsprechend der Reisehinweise gingen wir in angemessener Kleidung von Bord. Damit fielen wir zwischen den ganzen deutschen Touristen in kurzen Hosen und Spaghetti-Träger-Shirts regelrecht auf. Doch ich richte mich gerne an die Konventionen des Ziellandes, so kann ich dann auch ganz spontan Plätze und Orte besichtigen, für die eine gewisse Kleiderordnung vorgeschrieben ist. Aber das führt jetzt zu weit. Es geht heute ja um das Thema: rette mich.

Mein Mann, zu dem Zeitpunkt waren wir schon über ein Jahr verheiratet und ich gehen also zu Fuß in Tanger von Bord. Von der marokkanischen Hitze und dem Trubel am Hafen waren wir erst mal geflasht. Bei einem Spaziergang ließen wir den Ort auf uns wirken. Wir erkundeten die kleinen Gassen und zwängten uns durch die vielen Stände auf dem Basar. Und ließen uns auf diese ganz andere Welt ein. Als Andenken erstanden wir eine Laterne mit bunten Gläsern für die Terrasse.

Auf dem Rückweg zum Schiff stieß mich mein Mann dann auf einmal ganz ohne Vorwarnung in einen Hauseingang. Ich wusste gar nicht wie mir geschah. Doch sein siebter Sinn sah Gefahr im Verzug und so musste er seine Frau einfach beschützen. Für mich war das sehr schwer zu akzeptieren, schließlich bin ich emanzipiert und kann selbst auf mich aufpassen. Dies habe ich versucht meinem Mann deutlich zu machen. Doch meine Bedenken ließ er nicht gelten und meinte einfach, ich sei ihm wichtig und deshalb werde er mich immer beschützen müssen.

Inzwischen finde ich diese Vorstellung sehr schön. Zu wissen da ist jemand, der auf dich aufpasst, ob du willst oder nicht. In den letzten Jahren habe ich gelernt, dem siebten Sinn meines Mannes zu vertrauen. Wenn er im Urlaub sagt, jetzt drehen wir um und gehen zurück frage ich nicht mehr warum oder mache einen Aufstand. Er hat dann etwas gesehen oder gespürt, was bei mir einfach nicht ankommt. So sind wir Jahre später in Alexandria (Ägypten) einfach wieder den direkten Weg zurück zum Schiff gegangen. Es herrschte dort eine ganz seltsame Spannung in der Luft, die wir beide nicht einschätzen konnten. Ein ganz anderes Erlebnis hatten wir in Puerto Limón (Costa Rica). Hier sind wir der vermeintlichen Karte richtig gefolgt. Die Umgebung wurde immer seltsamer, doch wir vertrauten so sehr der Karte, dass wir unser Gespür für die Situation vernachlässigten. Erst als ein Auto neben uns hielt wurden wir auf die Situation aufmerksam gemacht. Die freundliche Autofahrerin wies uns darauf hin, dass in 200 Metern die Zuständigkeit der Polizei aufhören würde, und wir als Touristen doch bitte nicht dort verloren gehen sollten. Seit dem wird meiner Kartenführung nicht mehr ganz so sehr vertraut. Ich verstehe gar nicht warum.

Hast du schon einmal eine Situation erlebt, aus der du gerettet werden wolltest? Oder hast du einen Moment gehabt, in dem dich jemand gerettet hat?

Teile deine Erlebnisse gerne mit mir im Kommentar.